Ich hatte einen Stalker

Sabine M. Paul // September 13 // 0 Comments
Spaziergang nachts im Park

Eine unheimliche Begegnung

Ich besuchte meine Eltern, und auf dem Heimweg in der S-Bahn setzte ich mich einem Typen gegenüber. Ich beachtete ihn nicht weiter und widmete mich meinem Buch, während er am Handy telefonierte. Am Hauptbahnhof wechselte ich in die U-Bahn. Da dieser Umstieg stark frequentiert ist, wunderte es mich nicht besonders, dass auch er am U-Bahnsteig war. Ungewöhnlich war jedoch der geringe räumliche Abstand zu mir – sowohl am Bahnhof als auch während der Fahrt. Ich bin schon vielen Menschen begegnet, die eine geringere Toleranzzone haben, also ging ich ein paar Schritte weiter und lenkte mich mit meiner Lektüre ab. Als ich ausstieg – und er ebenfalls – wurde ich stutzig. Was für ein eigenartiger Zufall, wenn ich mit den Öffis durch München fahre und genau derjenige, der mir im Zug gegenüber saß, denselben Weg hat.

Wie dich Menschen verunsichern können, wenn du es zulässt

Es war befremdlich, dieser Mensch begann in meine Komfortzone einzudringen – schlicht durch seine Anwesenheit. Meine kreative Fantasie begann, die wildesten Geschichten zu formen. Als er aus dem Bahnhof ging und in eine andere Richtung verschwand, wischte ich die Szenarien weg, schüttelte mich und musste über mich selbst lachen.

Schnell noch zur Post, das Päckchen aufgeben und dann ab nach Hause. Bei der Post musste ich ein wenig warten und erwischte einen späteren Bus. Kaum war ich an der Haltestelle angekommen, tauchte er wieder auf.

Verunsicherung, fast Angst und viel Verwirrung

Das fühlte sich spooky an. Mein Kopfkino schwirrte los: Ein Zufall kann das nicht mehr sein. Was kann ich tun, um aus dieser Situation herauszukommen? Ist es überhaupt eine beunruhigende Situation, aus der ich mich lösen muss? Meine Brust wurde eng, und ich fühlte mich verunsichert. Dieser Mensch wirkte nicht bedrohlich. Soll ich ihn ansprechen? Aber dann könnte er sich erst recht ermutigt fühlen und mir noch näher kommen.

So in meine Gedanken versunken, sprach er mich an: „Hast du heute Zeit?“ Das verneinte ich klar und bestimmt.

Meine Art zu handeln

Der Bus kam, wir stiegen ein – jetzt nimmt er auch noch meinen Bus – und bei meiner Haltestelle angekommen, verließ er mit mir den Bus. Das ist kein Zufall mehr, er verfolgt mich wirklich! Was sollte ich tun? Wenn er weiß, wo ich wohne, habe ich ein Problem. Dann könnte er immer wieder auftauchen, jederzeit und auch versteckt. Ob er gefährlich ist oder nicht, konnte ich nicht einschätzen. Keinesfalls wollte ich preisgeben, wo ich wohne! Ich überlegte, ob ich an meinem Haus vorbeigehen und irgendwo klingeln sollte. Soll ich zur Bushaltestelle gehen und wieder zurückfahren? Länger durch das Viertel zu laufen war keine Option. Falls er mir wirklich näherkommen will, sind zu wenig Menschen unterwegs, die ich um Hilfe bitten könnte.

Ich wusste, meine Tochter ist daheim. Also tat ich so, als suche ich den richtigen Namen und klingelte. Mit dem eigenen Schlüssel aufzuschließen hätte gezeigt, dass ich hier wohne. Umblicken und eventuell weitere Ermunterungen geben wollte ich nicht.

Er verfolgte mich tatsächlich bis in meine Straße, doch dank der vielen Büsche vor dem Haus hatte er mich wohl kurz aus den Augen verloren und nicht mitbekommen, in welche Türe ich verschwunden bin. Kaum daheim erzählte ich meiner Tochter diese Geschichte. Dabei schauten wir aus dem Fenster und sahen, dass dieser Typ auf dem Gehweg war und suchend Richtung Bushaltestelle ging. Jetzt war mir klar: Er hat mich tatsächlich gestalkt.

Meine Entscheidung war, es nicht nah an mich herankommen zu lassen

So schmiedete ich den Plan, nach einer Stunde das Haus wieder zu verlassen, damit es wie ein Besuch wirkt. In der Zwischenzeit kam mein Mann nach Hause, und ich bat ihn mitzukommen, als Zeichen, dass ich nicht allein bin. Wir gingen einkaufen, und mein Mann wies mich auf alle bärtigen Menschen hin, die uns auf dem Weg begegneten. Hier musste ich lachen, denn viele Männer tragen heutzutage einen Bart – „Ich sage dir bestimmt, wenn ich ihn sehe“, gab ich zurück. Zum Glück konnte ich diesen Menschen nirgendwo entdecken und entspannte mich wieder.

Was macht das mit mir?

Es gab mir das bange Gefühl der Enge, und ich befürchtete, dass meine Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein wird. Dieses schale Gefühl, wenn ich durch unser vertrautes, sicheres Stadtviertel gehe, wollte ich nicht haben. Anfangs fand ich es amüsant und als Zufall, doch der einzige Zufall war, dass ich ihm in der Bahn begegnete. 

Durchgeknallte Menschen gibt es überall, also ist es gar nicht so abwegig, dass einer davon gerade auf mich trifft. Was wollte er? Anschluss finden in der Gesellschaft? Eine Frau suchen? Oder hatte er tatsächlich Schlimmeres vor?

Stress entsteht, wenn du dir die wildesten Geschichten ausmalst

Das kann ich nicht sagen, und ich wollte meiner Fantasie nicht freien Lauf lassen. Nun bin ich kein Mensch, der schnell in Panik verfällt, aber ich habe gespürt, wie dieses Verfolgen – ruhig und freundlich – mich in meiner Freiheit einengt.

Dem entgegenzuwirken, habe ich mich entsprechend verhalten und schnell einen Plan kreiert: So tun, als wohne ich nicht in meiner Wohnung. Meinen Mann als Absicherung an die Seite gestellt, und falls ich ihm noch einmal begegnet wäre, hätte ich die Polizei eingeschaltet.

Selbst aktiv werden, statt sich zu verstecken, um die eigene Freiheit und das Sicherheitsgefühl zu bewahren. Mein klar erklärtes Ziel: Ich wollte die Enge in der Brust und die Anflüge von Unsicherheit, kurz vor der Angst, wieder loswerden. Das ist nicht möglich, wenn ich klein beigebe und mich von der Unsicherheit überwältigen lasse. Denn dann, denke ich, besteht die Gefahr, dass ich mich letztendlich nicht mehr traue, die Wohnung zu verlassen.

Wie hätte ich noch reagieren können?

  • Ich hätte meiner Fantasie freien Lauf lassen können und mir die übelsten Szenarien von Entführung oder Vergewaltigung ausmalen können. Damit hätte die Angst gesiegt und mich wie eine Gefangene umhüllt. Ich hätte mit zittrigen Händen die Tür aufgesperrt, wäre in die Wohnung geflüchtet und hätte mich eingesperrt. Wer weiß, wann oder ob ich mein Zuhause wieder verlassen hätte.
  • Ich hätte mich zu ihm umdrehen und ihm klar machen können, dass er verschwinden soll und mich nicht weiterverfolgen soll.

Ersteres ist keine Lösung, denn meine Freiheit ist mir zu wichtig. Ich werde die nächsten Tage aufmerksamer sein, wenn ich das Haus verlasse. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Mensch harmlos ist, sonst wäre er mir nicht so offen gefolgt. Vor allem wäre er länger um unser Haus herumgeschlichen.

Zweiteres habe ich schnell ausgeschlossen, schließlich weiß ich nicht, was bei diesen Menschen triggert, sobald ich ihn konfrontiere. Ich wollte keine Eskalation provozieren.

Erlösung

Während ich diese Geschichte niederschreibe, merke ich: Es ist nur noch eine Geschichte mit minimalen Nachwehen. Ich finde, ich habe es recht elegant gelöst. Die beklemmenden Gefühle, die ich auf dem Weg vom Bus zur Haustür noch hatte, sind nicht wieder aufgetaucht. Spüre ich in mich hinein, merke ich, es ist keine Angst oder Verunsicherung mehr vorhanden.

Sollte sich dieser Mensch wieder zeigen, was ich nicht vermute, werde ich ihn bitten, mich in Ruhe zu lassen. Falls er sich dann noch einmal zeigt, wird es ein Fall für die Polizei.

Wie agierst oder reagierst du in vergleichbaren Situationen?

Schüchtern, eingeschüchtert, verunsichert, selbstbewusst, aggressiv, laut? Jetzt interessiert mich brennend, welche Gedanken dir durch den Kopf gehen. Wie hättest du dich verhalten, und was hätte solch eine Begegnung mit dir gemacht?

Die Alternative?

Erstaunlich ist, dass wir Menschen uns meist die schrecklichsten Szenarien ausmalen. Wir leiden unter Sensationslust – hier nehme ich mich nicht aus. Die Medien geben ihr Bestes dazu und berichten überwiegend von negativen Dingen, bei denen sie das Drama gerne erhöhen.

Es liegt an uns, zu entscheiden, wie viel Drama oder Negatives wir in unser Leben lassen. Es liegt an uns zu überprüfen, welche Nachrichten genau so stimmen, wie sie berichtet werden, oder ob die Medien sie reißerisch aufbauschen.

Eine wunderbare Übung wäre, die Geschichten, die wir erleben, in ein positives Licht zu rücken: Womöglich war dieser Mensch, der mich stalkte, ein Mäzen, den ich durch mein Verhalten vor den Kopf gestoßen habe und nun auf einen stattlichen Geldbetrag verzichten muss. Womöglich suchte er nur Anschluss…

Ich stelle gerade fest: An dieser Übung darf ich selbst arbeiten, um ein positives Kopfkino zu generieren. Wahrscheinlich schaue ich zu viele Krimis.

Übrigens: Gestern war ich wieder unterwegs und hatte völlig vergessen aufmerksamer zu sein. Erst nachdem ich im Bus saß, fiel es mir ein. 😊

Jetzt bin ich gespannt auf deine Gedanken. Schreib mir doch an : info@musengekuesst.de

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Über die Autorin

Künstlerin, Grafikerin und Autorin aus München. Angespornt von der Motivation, die Welt ein wenig schöner zu gestalten und lebenswerter zu machen.

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